KPI Einkauf: Warum Kennzahlen heute unverzichtbar sind
Kennzahlen – oder genauer gesagt KPIs – haben sich im Einkauf zu einem der wichtigsten Steuerungsinstrumente entwickelt. Sie sorgen dafür, dass Unternehmen nicht nur Kosten kontrollieren, sondern auch Lieferfähigkeit sichern, Risiken reduzieren und ihre Prozesse dauerhaft verbessern können.
Im Alltag bedeutet das: Ein Einkauf ohne KPIs arbeitet reaktiv. Ein Einkauf mit KPIs hingegen erkennt frühzeitig, wenn Preise steigen, Bestände zu hoch werden oder Lieferanten unzuverlässig auftreten. Genau diese Transparenz macht den Unterschied.
Was gute Einkaufskennzahlen ausmacht
Gute KPIs zeichnen sich dadurch aus, dass sie klar definiert, gut messbar und eng mit einem Ziel verknüpft sind. Eine Kennzahl allein beschreibt oft nur eine Situation – ein KPI zeigt, ob sich etwas in die richtige Richtung bewegt.
Damit ein KPI im Einkauf wirklich Wirkung entfaltet, sollte er folgende Eigenschaften erfüllen:
- eine eindeutige Definition haben
- regelmäßig aktualisiert werden
- ohne manuellen Aufwand messbar sein
- für Entscheidungsträger verständlich sein
Erst wenn diese Punkte erfüllt sind, wird ein KPI tatsächlich zum Steuerungsinstrument.
Kosten und Einsparungen als wichtigster Hebel
Kaum ein Bereich wird im Einkauf so intensiv beobachtet wie die Kosten. Unternehmen setzen häufig auf drei Kernkennzahlen, die im Zusammenspiel ein sehr genaues Bild der Effizienz liefern.
Die Einsparquote zeigt, welchen messbaren Beitrag der Einkauf zum Unternehmensergebnis leistet. Sie wird genutzt, um echte Preisverbesserungen von reinen Marktbewegungen zu unterscheiden. Ergänzend dazu hilft die Preisabweichung, um Plan- und Ist-Preise gegenüberzustellen und mögliche Einsparpotenziale aufzudecken.
Ein weiterer Wert, der häufig unterschätzt wird, ist die Kosten pro Bestellung. Diese Kennzahl macht sichtbar, wie viele interne Aufwände eine einzelne Bestellung verursacht – von der Bedarfserfassung bis zur Freigabe. Steigt dieser Wert, ist das oft ein Hinweis darauf, dass Automatisierung oder Prozessoptimierung notwendig sind.
Lieferantenperformance sichtbar machen
Gute Lieferanten sind ein Wettbewerbsvorteil. Schwache Lieferanten hingegen verursachen Verzögerungen, Reklamationen und Mehrkosten. Deshalb setzen viele Unternehmen auf eine Kombination aus quantitativen und qualitativen KPIs.
Besonders verbreitet sind:
- Termintreue, die zeigt, wie zuverlässig Lieferanten tatsächlich liefern
- Qualitätsquote, also der Anteil fehlerfreier Lieferungen
- SRM-Score, eine Gesamtbewertung aus Qualität, Preis, Kommunikation, Flexibilität und Termintreue
Während die Termintreue ein reines Zahlenkonstrukt ist, spielt beim SRM-Score die Gesamteinschätzung eine Rolle – und genau diese Mischung macht den KPI so aussagekräftig.
Bestände, Reichweiten und Bedarfe im Gleichgewicht halten
Bestände gehören zu den größten Liquiditätstreibern. Ein Unternehmen profitiert nur dann von seiner Supply Chain, wenn Material zur richtigen Zeit in der richtigen Menge verfügbar ist.
Dabei helfen insbesondere drei KPIs:
- Bestandsreichweite, die angibt, wie lange vorhandene Bestände ausreichen
- Lagerumschlag, der zeigt, wie schnell Material verbraucht oder verkauft wird
- Überbestandsquote, die darauf hinweist, wo zu viel Kapital im Lager gebunden ist
In Kombination mit der Forecast Accuracy lassen sich nicht nur Bestände planen, sondern auch Bedarfsveränderungen erkennen, bevor Engpässe entstehen.
Prozess-KPIs: Wie gut funktioniert der operative Einkauf wirklich?
Viele Unternehmen konzentrieren sich zu stark auf Kosten und Lieferanten – und vernachlässigen ihre eigenen Prozesse. Dabei sagen Prozesskennzahlen viel darüber aus, wie effizient und stabil ein Einkauf arbeitet.
Ein gutes Beispiel ist die Durchlaufzeit einer Bestellung. Lange Durchlaufzeiten entstehen oft durch fehlende Automatisierung oder zu viele manuelle Eingriffe. Der Automatisierungsgrad zeigt klar, wie hoch der Anteil digital verarbeiteter Bestellungen ist.
Sehr spannend ist auch die Maverick-Buying-Quote. Sie macht deutlich, wie viele Bestellungen „an der Einkaufsabteilung vorbei“ laufen – ein häufiges Zeichen für fehlende Transparenz oder unklare Verantwortlichkeiten.
Strategische KPIs: Blick auf Risiken, Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit
Während operative KPIs den Alltag steuern, richten strategische KPIs den Blick nach vorn. Sie helfen Unternehmen dabei, langfristige Risiken zu managen und ihre Einkaufsstrategie auszurichten.
Hierzu gehören beispielsweise:
- ESG- und Nachhaltigkeitskennzahlen, die zunehmend Teil von Zertifizierungen und Audits sind
- Risiko-KPIs, die Abhängigkeiten, Lieferrisiken oder geopolitische Faktoren abbilden
- Warengruppenkennzahlen, die zeigen, wie professionell Warengruppen gesteuert werden
- Global-Sourcing-Quoten, die internationale Beschaffungsstrategien messbar machen
Diese KPIs sind nicht nur Reporting-Elemente, sondern echte Frühwarnindikatoren.
Einkaufscontrolling: Aus Daten echte Entscheidungen machen
Ein KPI ist nur so gut, wie die Entscheidung, die man darauf aufbaut. Genau hier kommt das Einkaufscontrolling ins Spiel. Es stellt sicher, dass Kennzahlen ein Gesamtbild ergeben und nicht isoliert betrachtet werden.
Typisch ist ein Dreiklang aus:
- klaren Definitionen
- regelmäßigen Review-Meetings
- verständlichen Dashboards
Ein häufiger Fehler besteht darin, zu viele KPIs zu verwenden. Sinnvoller ist eine kompakte Auswahl, die alle wesentlichen Bereiche abdeckt – von Kosten über Lieferanten bis hin zu internen Prozessen.
Praxisbeispiel aus dem Maschinenbau
Ein Maschinenbauunternehmen sah sich mit verspäteten Lieferungen, hohen Beständen und Preisabweichungen konfrontiert. Nach Einführung eines strukturierten KPI-Systems – inklusive SRM-Bewertungen, Prozessmessungen und Bestandskennzahlen – zeigten sich innerhalb eines Jahres bemerkenswerte Verbesserungen.
Die Liefertermintreue stieg deutlich, die Bestandskosten gingen zurück und auch die Fehlerquote verringerte sich spürbar. Besonders positiv: Entscheidungen wurden erstmals auf Basis gemeinsamer Daten getroffen, was die Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen erheblich stärkte.
Fazit
Kennzahlen machen den Einkauf planbar. Sie ermöglichen Entscheidungen, bevor Probleme sichtbar werden, und zeigen, wo Potenziale liegen. Die ideale Mischung besteht aus wenigen, aber gut ausgewählten KPIs – unterstützt durch moderne Datenanalyse und klare Verantwortlichkeiten.
Ein Einkauf, der seine KPIs im Griff hat, stärkt nicht nur die eigene Abteilung, sondern das ganze Unternehmen.
Häufige Fragen (FAQs) zu Kennzahlen & KPI Einkauf
1. Was sind die wichtigsten Kennzahlen im Einkauf?
Zu den wichtigsten gehören: Einsparquote, Termintreue, Fehlerquote, Bestandsreichweite, Lagerumschlag, Maverick Buying & Automatisierungsgrad.
2. Wie viele KPIs sollte ein Einkauf nutzen?
Optimal sind 15–25 KPIs. Weniger ist nicht ausreichend, mehr ist unübersichtlich.
3. Was ist der Unterschied zwischen Einkauf KPI und Einkaufskennzahl?
Kennzahlen sind messbare Werte. Ein KPI ist eine Kennzahl, die direkt auf ein strategisches Ziel einzahlt.
4. Wie misst man Lieferantenperformance am besten?
Über SRM-Scores, Termintreue, Qualitätsquote und Risiko-KPIs.
5. Wie lassen sich Bestandskosten mit KPIs reduzieren?
Mit Lagerumschlag, Bestandsreichweite, Überbestandsquote und Forecast Accuracy.
6. Gibt es Standards für Einkaufskennzahlen?
Ja, z. B. die BME Top Kennzahlen im Einkauf.